„In der Liebe liegt der Schlüssel für jede Hoffnung, denn die wahre Liebe hat ihre Wurzeln in Gott.“
– Johannes Paul II.
Jeder Mensch erlebt in seinem Leben Momente, die ihn in der Tiefe seiner Existenz berühren, ihn herausfordern, ihn vielleicht sogar in Frage stellen. Letztlich gibt es Fragen, die den innersten Kern unserer Existenz betreffen. Und wir merken, dass es eine Herausforderung sein kann, hier eine Antwort zu geben. Wir ringen und suchen. Und doch können wir aus uns heraus nicht Antworten geben auf die wirklich tiefen Fragen unseres Lebens und unserer Existenz.
„Christus macht dem Menschen den Menschen selbst voll kund und erschließt ihm seine höchste Berufung“, so sagt es das II. Vatikanische Konzil in dem Schreiben Gaudium et spes. Doch was heißt das für uns? Der Mensch versteht sich erst durch Christus in seiner Gänze. Durch ihn erkennen wir die Gesamtheit der menschlichen Berufung – die frei macht und uns eine neue Dimension des Menschseins weist.
Gott hat in unser Herz eine Sehnsucht gelegt, die wie ein innerer Kompass ist, der uns helfen will in der Tiefe wirklich zu leben. Die menschliche Sehnsucht ist ein Fingerzeig, der uns nicht dazu veranlassen will gebeugt in dieser unseren Welt zu gehen, auf der verzweifelten Suche nach Dingen, die anscheinend diese Sehnsucht ausfüllen können. Die Erfahrung zeigt, dass doch nichts in der Tiefe diese Sehnsucht wirklich stillen kann. Vielmehr ist sie für den Menschen Wegweiser seine Augen zum Himmel zu erheben „woher mir Hilfe wird kommen“. Gott ruft uns zu einem erfüllten Leben. Gott beruft uns zu einem Leben in Liebe. Diese Liebe ist frei, treu, bedingungslos und fruchtbar. Hierin besteht die menschliche Berufung: Abbild Gottes zu sein. Diese Liebe wird uns frei machen für die Wahrheit, die Gott selbst ist.
Welche Bedeutung hat die menschliche Liebe im Heilsplan Gottes?
Gottes „Ja“ zu uns steht unverrückbar. Er zieht seine Liebe nicht zurück. Sein „Ja“ ist ein „Ja“ zur Person in seiner vollen Gänze und in ganzer Freiheit – ein „Ja“, das schon seit Anbeginn der Zeit bestand hat, heute ist und in Zukunft bleibt.
Der Mensch ist gebrochen durch den Sündenfall von Adam und Eva. Diese Gebrochenheit drückt sich doch gerade im Zweifel aus, dass Gott es wirklich gut mit mir meint. Diese Gebrochenheit erleben wir auch in den menschlichen Beziehungen: Dort, wo wir verletzt wurden. Dort, wo wir vielleicht auch andere verletzt haben. Doch gerade dieses sich Verletzlich-machen ist Teil einer Liebe, die nichts zurückhält, die fähig ist sich ganz zu verschenken. Wunden und Narben in unserem Leben in diesem Bereich können uns dazu bringen, dass wir Angst haben uns dem anderen gegenüber zu öffnen. Das Risiko scheint zu groß, der Schmerz zu überwältigend, das Leid zu schwer zu tragen, um sich dieser Liebe zu öffnen.
Doch die Liebe drückt sich gerade in der Tat aus. Einer Tat, die über das eigene „Ich“ hinausgeht und auf den anderen, den Geliebten, hinzielt. Liebe bedeutet sich zu verschenken, sich ganz hinzugeben – auch mit der Gefahr des Leidens und des Verletzt-werdens. Das Kreuz ist im Christentum nicht Selbstzweck. Doch in der göttlichen Liebe sehen wir, dass das Kreuz Instrument einer Liebe ist, die größer ist als alles andere. Eine Liebe, die sich verschenkt bis ins Letzte und sich verletzlich macht, sich vollständig dem Subjekt der Liebe ausliefert. Welch große Liebe ist das?
Die Liebe des Kreuzes reißt uns heraus aus allem, was uns bindet. Sie fordert uns auf, eine ganz persönliche und existenzielle Antwort zu geben. Gott wartet sehnsüchtig auf diese Antwort auf seine Liebestaten in unserem Leben. Und in unserem eigenen Kreuz ruft uns Gott zu eben dieser Liebe – zu einer Liebe, die mehr und mehr wächst. Eine Liebe, die nicht flieht vor dem Leiden. Sondern eine Liebe, die das Leid trägt für den anderen.