Adams Sehnsucht: Über die Berufung zur Liebe
Johannes Wieczorek
Berufen zur Liebe
Gott, Sex und der Sinn des Lebens
Mit seiner Theologie des Leibes hat Papst Johannes Paul II. einen einzigartigen Entwurf christlicher Anthropologie skizziert. Was der Heilige zur Sprache bringt ist Gott, Sex und der Sinn des Lebens. Themen, die wir zumindest teilweise gern auseinanderhalten – gerade wenn es um Sexualität geht. Denn was hat Gott in meinem Schlafzimmer verloren? Und wieso will die katholische Kirche unter die Bettdecke seiner Gläubigen schauen?
Und doch ist gerade der ganzheitliche Ansatz von Johannes Paul ein Schlüssel die eigene Berufung zu entdecken und zu verstehen.
Die Freiheit befähigt zur Liebe
Als Abbild Gottes sind wir geschaffen und in der Genesis wird deutlich, was das bedeutet. Johannes Paul II. spricht von dem ursprünglichen Alleinsein. Adam entdeckt sein Person-Sein und die damit verbundene Freiheit, die Gott dem Menschen (hebräisch: adam) geschenkt hat. Die Freiheit befähigt zur Liebe, denn ohne sie ist Liebe nicht möglich.
„In seinem Alleinsein wird Adam bewusst, dass die Liebe sein Ursprung, seine Berufung und seine Bestimmung ist. Er erkennt, dass er […] eingeladen ist, einen ‚Bund der Liebe‘ mit Gott selbst einzugehen. Es ist diese Liebesbeziehung mit Gott, die Adams ‚Alleinsein‘ mehr als alles andere definiert. Indem er diese Liebe verkostet, sehnt er sich mit seinem ganzen Sein danach, diese Liebe (diesen Bund) mit einer anderen, ihm gleichartigen Person zu teilen. Deswegen ist es ‚nicht gut, dass der Mensch allein bleibt.‘“ (C. West-Theologie des Leibes für Anfänger).
Bräutliche Liebe: Gabe und Geschenk
Der Mensch ist also in dem Maß Gott ähnlich, in dem er bräutlich liebt, sich also als Gabe und Geschenk für den Nächsten versteht. „Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau, und sie werden ein Fleisch“
heißt es in Genesis weiter.
Johannes Paul formuliert es so: „Der Mensch wird nicht so sehr im Augenblick seines Alleinseins als vielmehr im Augenblick der Gemeinschaft zum Abbild Gottes.“ „Beide, Adam und seine Frau, waren nackt, aber sie schämten sich nicht voreinander.“
Gerade hierin sieht der Papst einen Schlüssel, um Gottes ursprünglichen Plan für den Menschen zu verstehen. Adam und Eva sahen und erkannten einander mit dem inneren Blick. Frei von der Begierde ist es nicht der Blick auf den Körper, sondern vielmehr auf die ganze Person. Der Sündenfall zeigt, wie sich unsere Haltung verändert hat: Statt Gott als den Liebenden zu erkennen, verdächtigen wir ihn, der ‚Räuber hinter den Wolken‘ zu sein, wie Nietzsche formulierte. Statt offen zu sein für Gottes Geschenk, greifen wir begierig danach. Und doch – gerade wenn wir Gott als den wahrhaft Liebenden erkennen, der nichts zurückhält – erkennen wir gleichsam unsere Berufung. Ihm ähnlich zu werden.